Mitteldeutsche Zeitung vom 24.09.2003


Pressebeitrag MZ
 

Bild o.: Hobby-Weinzüchter Bernhard Gremler mit seinen diesjährigen Trauben vom "Blauen Bernburger"® im kleinen Garten an der Bruchsteinmauer.
Bild u.r.: Der "Gute Blaue".

MZ-Fotos (2): Raimund Leonhardt

 


"Blauer Bernburger"®

Süße Trauben mit Muskatgeschmack

Bernhard Gremler pflegt heimattypische Rebstöcke an der Bruchsteinmauer vom Friederikenstift


Von unserem Redakteur
R A I M U N D   L E O N H A R D T

Bernburg/MZ. Der "Blaue Portugieser" ist schon eine bekannte Größe in Bernburg: Armand Frank, Winzer von der Obermosel, Weinlieferant Bernburger Gastronomen und seit Jahren fester Vertreter auf den hiesigen Weinmärkten, brachte einige gute Flaschen des Jahrgangs 2000 dieser trockenen Roten auch in diesem Jahr wieder mit an die Saale.

Dabei hat Bernburg selbst seinen "Blauen": Bernhard Gremler, Heimatautor und Weinfreund in einem, ist ein großer Anhänger der farbkräftigen Traube. Gremler hat in seinem Garten im Friederikenstift zwei Rebstöcke des "Blauen Bernburgers"® angepflanzt.



"Der 'Blaue Bernburger'® ist wuchs- und triebfreudig.
Seine Trauben schmecken wunderbar süß."


B E R N H A R D   G R E M L E R
H O B B Y - W E I N B A U E R


Ende November 1997 hat er sie als Fechser (Schösslinge) von seinem damaligen Nachbarn in der Alslebener Sonnenstraße geschenkt bekommen. Der 100-jährige Weinstock wuchs über die Mauer hinein in Bernhard Gremlers Sonnenstraßen-Garten. Die beiden Nachbarn verständigten sich darauf, dass die Triebe auf der Gremlerschen Seite von diesem betreut würden.

Bewurzelter Ableger

Die bewurzelten Ableger des "Blauen" aus der Sonnenstraße brachte Gremler nach seinem Umzug mit nach Bernburg in den Garten im Friederikenstift. Direkt im Winkel einer alten Bruchsteinmauer setzte er die Schösslinge in die Erde.

Beide Stecklinge wuchsen gut an. Vor allem der eine, linkerhand, entwickelte sich prächtig. Gremler schätzt seine Wurzeln auf über sechs Meter Tiefe. Sonst hätte der Stock den vergangenen Sommer nicht überleben können. Doch nicht nur das schaffte der "Blaue": Er entwickelte herrlich große Blätter und wunderbar tiefblaue Trauben, "die süß und gleichzeitig leicht herb" schmecken, beschreibt der Weinbaufreund. Und irgendwie sei da auch eine Spur Muskat drin.

Der am besten gewachsene Weinstock hat neben der Traubenfülle noch eine weitere Besonderheit aufzuweisen. Während der Hobby-Züchter den rechten Trieb immer wieder stutzte und kultivierte ließ er der linken Hauptrebe ihre Freiheit.

Kleine weiße Zahlen

Mit kleinen weißen Zahlen hat Gremler auf der Mauer die Wachstumsspitzen der Jahre in Meter und Zentimeter vermerkt. Im Jahr 2000 wuchs der Stock drei Meter. Ein Jahr später trieb er gar 5,60m aus. Im Vorjahr schaffte er 4,20 Meter und in diesem Jahr schob sich der Trieb - trotz ausgesprochener Trockenheit - bisher um 1,40m voran.

Die Zahlen an der Mauer erinnern an die Markierungen von Kirchen oder Rathäusern, die vorgenommen wurden, um die Hochwasserstände fest zu halten.

Damit die Rebe nicht nach oben strebt, hat sie Gremler an eine hellblaue Leine gelegt, die er an Antennenstäben und darüber gesteckten Bambusstöcken befestigt.

Auf Grund seiner Erfahrungen kann Gremler dem "Blauen" bestätigen, was in historischen Quellen überliefert ist: Wuchs- und Triebfreude, Ertragssicherheit, Pilz- und Schädlingsresistenz, späte Reife.

In dieser Woche will der Freizeit-Gärtner seine Trauben ernten. Er schreitet zum Höhepunkt des Jahres: Der Lese. Die üppigen Weintrauben kommen, wie in jedem Jahr, Freunden, Bekannten und Verwandten zum Verkosten auf den Tisch.

Gleichgesinnte

Derzeit sucht Gremler Gleichgesinnte, die mit ihm unter dem Dach des Bernburger Heimatkreises e.V. eine Interessengemeinschaft der Weinbaufreunde gründen. Der Anhänger des "Blauen Bernburgers"® könnte sich gemeinsame Exkursionen, den Gedankenaustausch bei einem guten Schoppen Wein und gemeinsame Verkostungen vorstellen.

Auch von Gremlers Weinstöcken in Bernburg gibt es inzwischen Nachkömmlinge. Zwei treiben auf dem Naturhof in Zellewitz schon kräftig aus.
Der Baumschule von Bernd Nordmann am Platz der Jugend ist es inzwischen sogar gelungen, den "Blauen Bernburger"® mittels Pfropfen zu veredeln.

Armand Frank, der Winzer von der Obermosel, hat sich während seines Weinfest-Aufenthaltes die Zeit genommen, um den alten Bernburger Weinberg Richtung Zementwerk zu erklimmen. Nach einer Bodenprobe Am Felsenkeller stellte er fest: "Kalkstein wie bei uns an der Mosel." Auf nichts anderem gedeihe auch dort der Wein so gut. Unterschiede gebe es allerdings in der Sonnenscheindauer und der Jahresmenge an Wärme, die der Wein abbekommen.

Bernhard Gremler weiß, dass die Trauben im Bernburger Land länger am Rebstock hängen als in südlichen Gefilden, auch wenn in diesem Jahr die Lese drei Wochen früher beginne - wegen des langen Sommers. Die längere Reifezeit bescheren den hiesigen Trauben aber auch mehr Spurenelemente und Mineralstoffe.

Kommentar

Info

Auskünfte über den "Blauen Bernburger"® oder die zu gründenden Interessengemeinschaft "Wein" bei Bernhard Gremler telefonisch unter 03471 / 37 30 83



 
G E S C H I C H T E

"Der Gute Blaue"

1777: Der Bernburger Apotheker Ludwig Bernhard Schulze spricht in seinen Aufzeichnungen aus der "Grünen Apotheke" von einer neuen blauen Rebsorte. Er lieferte mehrere hundert Fechser (Senker) an Weinbauern, gab aber keinerlei Hinweise auf die Herkunft der Schösslinge.

1810: Eine Lithographie zeigt Teile der herzoglichen Weinberge. Gut zu erkennen sind auf dem farbigen Blatt Weinstöcke des "Blauen Bernburgers"® in Pfahlerziehung.

1833: Die herzogliche Kammer von Anhalt Bernburg gibt Instruktionen zur Pflege der Weinberge heraus. In den regierungsamtlichen Unterlagen erscheint "Der gute Blaue" als Symbolname.

Ab 1895: Niedergang des Weinbaus in der Region Bernburg.

1906: Der letzte noch wirtschaftlich betriebene Weinberg in Alsleben wird geschlossen. Damit endet die Ertragswinzerei im Kreis Bernburg. Viele Weinberge werden gerodet. Kleingärtner und Hobbywinzer nehmen sich künftig des guten alten "Blauen" an.

April 2003 Sieben Weingemeinden in Zappendorf enthüllen feierlich das erste Hinweisschild auf die neue Weinstraße "Mansfelder Seen".




Kommentar

Wein von der Saale

Von  R A I M U N D   L E O N H A R D T


Beim Wein hört die Freundschaft keineswegs auf - sie beginnt hier erst. Bei einem Gläschen oder auch zweien. Zumal, wo doch dieser gute alte Wein in Bernburg seit langer Zeit zu Hause ist, hier seit vielen Jahrzehnten angebaut wird, und es immer noch Leute gibt, die sich diesen Traditionen verpflichtet fühlen.

Zwar blühen Weinanbau und hier und da auch das Keltern der Trauben hauptsächlich nur im Kleinen, Verborgenen. Es ist auch keineswegs anzunehmen, dass daraus plötzlich Haupterwerbsbetriebe entstehen. Ein guter Wein will aber auch Weile haben.

Wer weiß: Vielleicht erreicht die benachbarte Weinstraße doch eines Tages noch das Bernburger Land. Die Region könnte an Farbigkeit gewinnen. Der Landkreis lechzt doch förmlich nach guten Ideen und wirklichen Initiativen.

Dem Gremlerschen Gedanken einer Weinfreunde-Koalition unter der Fahne des Heimatkreises ist viel Unterstützung zu wünschen.